Adam Szymczyk, 2007
Arab al-Sbaih, die neue Fotoserie von Ahlam Shibli, entstand in den Flüchtlingslagern in Irbid, Baqa'a und Amman in Jordanien, wo seit dem Krieg von 1948 PalästinenserInnen leben.
Auch die BewohnerInnen des Dorfes im unteren Galiläa, aus dem Ahlam Shiblis Familie stammt, kämpften 1948 um ihr Land. Während des Kriegs flohen einige nach Jordanien, andere entschieden sich, im Dorf zu bleiben. Der Titel der Serie bezieht sich auf den Namen dieses Dorfes, Arab al-Sbaih ("Araber der Morgenstunde"), der daher rührt, dass bei Tagesanbruch die ersten Strahlen der Sonne auf den Osthang am Fuß des Berges Tabor fallen.
Shiblis Arbeit steht in der Tradition der FotografInnen, die das Leben der palästinensischen Bevölkerung seit dem späten 19. Jahrhundert dokumentierten. Ihre Fotografien zeigen Zelte, unfertige Häuser, dicht bebaute Gebiete, gespickt mit Satellitenschüsseln; verlassene Wüstenlandschaften, Betonschutt, Friedhöfe – und nirgends ein Zuhause.
Einige Schwarzweißbilder aus den Familienarchiven sind zu sehen, tragbare Denkmäler einer verlorenen Zeit. Die Anwesenheit von Menschen scheint nur zufällig festgehalten. Es ist, als würde Shibli ihre wahren ProtagonistInnen unbeabsichtigt ablichten, eine kontrollierte Ablenkung des Blicks erlaubt es ihnen, sich der Betrachtung zu entziehen. Den rauesten Bedingungen wird mit Zärtlichkeit begegnet, doch ohne Sentimentalität. Shibli setzt die Fotografien als starke Instrumente ein, um die Dinge zu verstehen.
Adam Szymczyk
Direktor der Kunsthalle Basel
This essay was published in the catalouge:
documenta Kassel 16/06–23/09, 2007. Edited by Roger M. Buergel and Ruth Noack. Exh. cat. documenta 12. Cologne, 2007.